Der Österreichische Pflegesektor verzeichnet nun schon seit geraumer Zeit ein rekordverdächtiges, unaufhaltsames Wachstum. Da stellt sich zunehmend die Frage: Braucht Österreich eine Pflegekammer als starke Stimme für die etwa 140.000 Pflegefachkräfte* im Land?
Eine Pflegekammer würde als gesetzlich verankerte Selbstverwaltung der professionellen Pflege fungieren - vergleichbar mit den etablierten Kammern für Ärzte, Rechtsanwälte oder Architekten.
Doch was könnte sie konkret für die Pflegefachkräfte in Österreich bewirken?
Anders als freiwillige Berufsverbände hätte eine Pflegekammer durch die Pflichtmitgliedschaft aller Pflegefachkräfte eine starke demokratische Legitimation. Dies würde zu einer deutlich höheren Durchsetzungskraft in politischen Entscheidungsprozessen führen und die Position der Pflege in gesundheitspolitischen Debatten stärken.
Die Pflege könnte endlich auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen mitreden, wenn es um Reformen im Gesundheitswesen geht.
Eine Kammer würde die berufliche Autonomie der Pflege stärken und könnte verbindliche Qualitätsstandards etablieren. Sie wäre zuständig für die Registrierung aller Pflegefachkräfte, die Anerkennung von Berufsabschlüssen und die Definition von Weiterbildungsstandards.
Dies würde nicht nur die Qualität der Pflege sichern, sondern auch das Berufsbild schärfen und professionalisieren und hätte somit einen Nutzen sowohl für die Pflegefachkräfte als auch die Patienten.
Die formelle Anerkennung als Kammer würde den Pflegeberuf gesellschaftlich aufwerten und seine Bedeutung für das Gesundheitssystem unterstreichen.
Dies könnte langfristig auch positive Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen, Gehälter und die Attraktivität des Berufs haben - ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den Fachkräftemangel.
Die Debatte um eine Pflegekammer in Österreich wird seit Jahren kontrovers geführt. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es von Seiten der Politik sowie Berufsverbänden weder ein klares Für noch Wider.
Ganz klar für die Errichtung einer Pflegekammer ist pflege network, ein aufstrebendes Unternehmen im Pflegesektor als Systempartner der freiberuflichen Pflege in Österreich. Das Unternehmen hat in Tirol maßgeblich daran mitgewirkt, freiberuflichen Pflegekräften seit 2025 Verträge mit dem Land zu ermöglichen – es ist die Geburtsstunde der privaten Vertragspflege in Österreich.
Nun expandiert das Unternehmen in weitere Bundesländer mit dem langfristigen Ziel, die private Vertragspflege nach Tiroler Vorbild in ganz Österreich zu etablieren.
Derya Lener, BScN, MSc und ihr Mann Thomas Maximilian Lener sind Geschäftsführer bei pflege network. Für die beiden ist die Errichtung einer Pflegekammer ein unumgänglicher Meilenstein wenn es um die Weiterentwicklung der Berufsgruppe geht:
Wir müssen genau jetzt aktiv werden und eine zielgerichtete Kampagne starten. Die Zeit ist reif, breite Akzeptanz für dieses entscheidende Vorhaben zu schaffen. Eine Pflegekammer mit Pflichtmitgliedschaft stärkt den Berufsstand und sichert nachhaltig die Qualität der Versorgung.
(Tom & Derry Lener)
Andererseits gibt es auch deutliche Kritik an der Errichtung einer Pflegekammer – insbesondere von Seiten der Arbeiterkammer (AK). Dort lehnt man die Errichtung einer Pflegekammer kategorisch ab.
AK gegen eigene Pflegekammer: Das würde Beschäftigten schaden!
(AK Presseaussendung)
titelte die Arbeiterkammer Oberösterreich in einer Presseaussendung aus dem Jahr 2009**.
Wir vertreten die Beschäftigten in den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen seit Jahrzehnten mit Erfolg.
(Johann Kalliauer)
betont der damalige AK-Präsident Kalliauer in der selben Aussendung.
Tatsache ist, dass die spezifische Situation in Österreich mit der starken Stellung der Arbeiterkammer diesen Umstand besonders relevant macht. Die Herausforderung ist, ein Modell zu finden, in dem Pflegekammer und Arbeiterkammer konstruktiv zusammenarbeiten statt konkurrieren.
Abschließend sei die Position der österreichischen Bundesregierung erwähnt: sie hat in ihrem Regierungsprogramm 2020-2024 zwar eine umfassende Pflegereform angekündigt, sich aber nicht explizit zur Errichtung einer Pflegekammer bekannt.
In Deutschland wurden seit 2016 in mehreren Bundesländern Pflegekammern eingerichtet, mit gemischten Erfahrungen.
Die Diskussionen dort zeigen, dass eine erfolgreiche Implementierung
Die Einführung einer Pflegekammer in Österreich wäre ein bedeutender Schritt zur Stärkung der professionellen Pflege. Entscheidend für den Erfolg wäre jedoch, dass sie:
Eine Pflegekammer könnte ein wichtiges Instrument sein, um die Herausforderungen im Pflegebereich zu meistern und den Beruf zukunftsfähig zu gestalten - vorausgesetzt, sie wird sorgfältig konzipiert und von einer Mehrheit der Pflegefachkräfte getragen.
Quellen: